SPD-Stadtverband: „Wir sind eine lebendige Partei und haben eine klare Aufgabe“

Siegen. Auch der Vorstand des SPD-Stadtverbands Siegen hat sich in seiner Sitzung am Donnerstagabend (25.01.2018) mit dem Beschluss der Bundespartei befasst, Koalitionsverhandlungen mit der CDU und der CSU aufzunehmen. Die Vorstandsmitglieder bewerteten dieses Ergebnis miteinander in einer engagierten Diskussion. Zuvor hatte der örtliche Parteivorsitzende, Adhemar Molzbeger (neben Fabiola Ricciardi einer der beiden Siegener Delegierten beim Bundesparteitag) dem Vorstand ausführlich über die Debatte in Bonn berichtet. Anders als in anderen Städten hatte sich die Siegener SPD nicht bereits vorab auf ein Pro oder Contra zum Antrag der Bundespartei auf die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen festgelegt. Der Stadtverband hatte den beiden Delegierten bei der Abstimmung somit eine freie Wahl gelassen. Dies war aus gutem Grund geschehen und so will es die Siegener SPD auch bei der bevorstehenden Mitgliederbefragung halten. Von einer Spaltung der Mitgliedschaft in zwei Lager kann zumindest hier vor Ort keine Rede sein. Vielmehr wurde der innere Zusammenhalt der Partei dadurch sogar weiter gestärkt.

„Natürlich bewegt die Frage, ob wir uns weiterhin an der Bundesregierung beteiligen wollen, uns nach wie vor alle sehr. Aber wir sind eine lebendige Partei. Wir werden den Teufel tun, unseren Mitgliedern eine bestimmte Richtung vorzugeben, wie sie bei der Mitgliederbefragung zu entscheiden haben. Dieses genau nicht zu tun, gehört bei uns zu einer Kultur der fairen Auseinandersetzung. Jeder entscheidet für sich selbst und wird dabei gute Gründe für ein Ja oder Nein haben“, stellt Adhemar Molzberger klar. Mit Blick auf das, was am Ende bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin herauskommen kann, fügt er hinzu: „Wir wollen auch gar nicht mehr nur über mögliche Koalitionsoptionen diskutieren, denn dies tun wir jetzt schon seit vier Monaten. Wir wollen uns stattdessen mit den Themen befassen, die die Menschen in Siegen bewegen.“ Molzberger selbst wird sein eigenes Votum letztendlich davon abhängig machen, wie das verhandelte Regierungsprogramm aussehen wird: „Viele der dort genannten Punkte werden sich direkt auf das Leben der Menschen in unserer Stadt auswirken. Und ich denke, wir werden dann eine klare Aufgabe haben: Wir werden uns anschauen müssen, was die Vereinbarungen für die Siegenerinnen und Siegener bedeuten.“

Wie eine gute Politik für die Mehrheit der Bevölkerung auszusehen hat, werden sich die Siegener Sozialdemokraten in den nächsten Wochen ganz genau überlegen. Im Rahmen der Sitzung gestern Abend hat jedes Vorstandsmitglied die Verantwortung für ein bestimmtes Thema übernommen, bei dem es die möglichen Auswirkungen der Koalitionsergebnisse auf Siegen bewerten wird. So kümmert sich Verena Böcking beispielsweise um die nach wie vor ungelösten Probleme im Bereich der offenen Ganztagsschule. Hier hatte die SPD bei den Sondierungsgesprächen einen Anspruch auf Ganztagsbetreuung für alle Kinder im Grundschulalter durchgesetzt. Christian Dohmen wird sich aufgrund seiner eigenen beruflichen Tätigkeit bei einem großen Wohlfahrtsverband mit dem Thema Pflege befassen. In dieser Frage hatte die SPD ein Sofortprogramm zur Stärkung von Pflegeberufen im Sondierungspapier festschreiben lassen, um den Pflegenotstand endlich gezielt anzugehen. Diese beiden Themen sind nur zwei Beispiele unter vielen. Die Mitglieder der Partei werden über die Auswirkungen der Beschlüsse ausführlich informiert. Außerdem wird die Stadtpartei ihre Erwartungen in einem Brief an den Bundesparteivorstand schicken.

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD Siegen, Sven Lichtenthaler, erklärt, weshalb sich der Verbandsvorstand zu dieser besonderen Vorgehensweise entschieden hat: „Zuletzt wurde durch das Verhalten der Parteispitze in Berlin bei den Mitgliedern unserer Partei und bei den Wählerinnen und Wählern der Eindruck von Wendehalspolitik erweckt. Wir haben verstanden, dass das nicht gut ankommt und werden daher hier vor Ort damit anfangen, dafür zu sorgen, dass dieser Eindruck künftig vermieden wird.“